Boten des Sommers

Boten des Sommers

Und plötzlich sind sie weg. Gestern noch schwirrten sie durch die Luft, schwatzend und zwitschernd,kurvten elegant um Häuser und Bäume. Jetzt sind die Mehlschwalben fort,aufgebrochen zum Winterquartier im südlichen Afrika. Tausende Kilometer haben sie dabei zu überwinden, gut 40 Kilometer schaffen sie pro Stunde. Mehlschwalben sind Langstreckenzieher, die gerne an ihren Geburtsort zurückkommen. So sie die Reise überleben, was nur etwa der Hälfte gelingt. Ihre ärgsten Feinde sind schlechtes Wetter – und die Menschen, die sie mit Gewehren und Netzen vom Himmel holen.

Einst brüteten die Mehlschwalben in Felswänden, heute sind sie in Dörfer und Städten anzutreffen und brüten in künstlichen Nestern. Dabei brauchen sie Gesellschaft, sie sind Kolonienbrüter. Nach drei bis vier Wochen sind die Jungen flügge, wenn der Sommer gut ist. Wenn es regnet und das Nahrungsangebot knapp wird, fallen die Jungen in eine Kältestarre, bis die Temperaturen wieder stimmen.

Delichon urbicum, so der wissenschaftliche Name, ernähren sich von fliegenden Insekten, die sie hoch in der Luft erjagen. Sie können über zehn Jahre alt werden, im Schnitt allerdings werden sie nur gerade zwei. Doch sie gelten nicht als bedroht. Naturschutzorganisationen sehen das etwas anders. Die heutige Bauweise und die pestizidintensive Landwirtschaft sind auch für die Mehlschwalben eine Gefahr. Sie finden kaum mehr Nistmaterial, ihre Nester fallen von den glatten Hauswänden. Würden ihnen nicht Vogelfreunde Nester zur Verfügung stellen, es gäbe sehr viel weniger dieser schwarz-blau-weissen Vögel.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, sagt man. Aber sie kündet ihn an. Jetzt sind die Mehlschwalben weg. Und haben den Sommer mitgenommen. Mögen uns auch noch ein paar sommerliche Tage beschieden sein, das Licht und die Farben zeugen vom Herbst. Gute Reise, ihr Boten des Sommers. Passt gut auf euch auf und kommt bald wieder.

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