Eigenwillige Grazien

„Wunderbar, diese Farben“, sagt die Besucherin und bleibt staunend vor den Akeleien stehen. In ihrem Garten, so erzählt die Besucherin, wachse die Akelei nicht, aller Bemühungen zum Trotz. Das, so lese ich später in einem Gartenheft, sei typisch für die Akelei, sie wachse nur dort, wo es ihr gefalle. In meinem Garten gefällt es ihr offensichtlich, sie wächst an diversen Orten, sogar im Gemüsebeet.

Die Akelei, ein Hahnenfussgewächs, gehört zu den ursprünglichen Blütenpflanzen und ist hauptsächlich in den gemässigten Zonen der Nordhalbkugel verbreitet. Wie sie zu ihrem Namen kam, dafür gibt es verschiedene Erklärungen. DerGattungsname Aquilegia könnte sich vom lateinischen aquila, Adler, ableiten, da der Blütensporn ähnlich gekrümmt ist wie der Schnabel und die Krallen eines Adlers. Vielleicht standen aber auch die lateinischen Wörter aqua, Wasser, und legere, samm

eln, Pate. Im Blütensporn sammelt sich zwar nicht Wasser, aber Nektar an, der die Insekten zur Bestäubung anlockt.

Hildegard von Bingen, die bekannte Äbtissin aus dem zwölften Jahrhundert, beschrieb die Akelei wohl als Erste und nannte sie Ackeleia oder Aglaia. Aglaia kommt aus dem Griechischen und bedeutet Glanz, Pracht. In der griechischen Mythologie war Aglaia die jüngste der drei Chariten, der Grazien, der Göttinnen der Anmut. Die drei Grazien waren ein beliebtes Kunstmotiv, selbst Raffael, der grosse Maler und Architekt aus dem 16. Jahrhundert, hat die drei verewigt. Im Altert

um war die Akelei der Fruchtbarkeitsgöttin Freya geweiht, später wurde sie der Jungfrau Maria gewidmet und stand für Demut.

Göttin der Anmut, von Kunst und Religion verehrt, da darf man schon eigenwillig sein. Und mitten im Gemüsebeet wachsen.

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