Hahn im Korb

Wenn sich das Gartentor gut hörbar öffnet, kommt der Hahn mit seinem Harem angerannt. Er nennt zwar nur ein paar wenige Hennen sein Eigen, doch das scheint seinem Stolz nichts anzuhaben. Aufmerksam bewacht er das Scharren und Picken seiner Damen, macht es ihnen gleich, krächzt, wenn er etwas gefunden hat, das er mit ihnen teilen will. Er ist ein Seidenhahn, ein schönes Tier, weiss-grau, etwas braun, mit schwarz-grünen Schwanzfedern.

Seidenhühner sind kleiner als Haushühner und haben ausgefranste Federn. Woher sie kommen, ist unklar, ebenso, wann sie den Weg nach Europa fanden. Es gibt Hinweise, dass sie es Ende des 18. Jahrhundert nach Holland und ins Burgund schafften. Damals sollen unter anderem fahrende Schausteller das Federvieh als Kreuzung von Hühnern und Kaninchen vorgeführt haben.

Doch der Mensch hat viel früher angefangen, Hühner zu domestizieren. So lassen sich Funde am Indus auf etwa 2500 vor Christus datieren, in China und Ägypten gilt der Nachweis von Hühnerhaltung ab etwa 1500 v. Chr. als gesichert. In der Schweiz finden sich Beweise ab dem fünften Jahrhundert v. Chr., und zwar hier in der Region.

Huhn und Hahn begleiten den Menschen durchs Leben, auf dem Kirchturm, in Büchern, original im Stall und im Garten. Ihre Eier sind begehrt, ihr Fleisch auch. Und auch in die Sprache haben sie Eingang gefunden: gackern wie ein Huhn, sich aufführen wie ein Gockel, Hahn im Korb oder ein dummes Huhn sein. Die Sprache zeigts – der Mensch hält wenig vom Federvieh. Auch in der Haltung lässt er meist jegliche Wertschätzung vermissen.

Nachbars Hahn und Hühner haben Glück. Von morgens bis abends scharren sie sich durch den Garten, ruhen sich aus, legen Eier. Wer ihrem emsigen Treiben zuschaut, sieht schnell den Hahn im Korb. Ein dummes Huhn aber findet er nicht. Das dumme Huhn – es kommt wohl nur bei den Menschen vor.

Mario Knecht Gartengestaltung Basel Güggel
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