Hausrotschwänze

Gerngesehene Gäste

Im Osten färbt sich langsam der Himmel rot. Noch ist es kühl und ruhig. Ganz plötzlich hört man ein Zwitschern, leise zwar, aber doch sehr bestimmt. Es kommt von oben. Dort, wo Mauer und Dachbalken einen Zwischenraum lassen, kaum eine Hand breit und etwa gleich hoch, da hat sich ein Hausrotschwanz-Paar eingenistet. Nun sind die Jungen geschlüpft und schreien nach Futter. Nicht vergebens: Auf der Rose vor dem Fenster sitzt Vater Rotschwanz, eine fette Raupe hängt aus seinem Schnabel. Schwarz ist sein Gefieder, orange leuchten seine Schwanzfedern. Aufmerksam schaut er sich um, dann fliegt er unters Dach, stopft die Raupe in die hungrigen Schnäbel. Bevor er wieder wegfliegt, macht er noch kurz Rast auf der Petunie, die weiter unten an einem Dachbalken hängt. Dann ist es wieder ruhig. Doch bald hört man erneutes Gezwitscher. Dieses Mal ist die Mutter im Anflug, ein grau-braunes, unscheinbares Tier, mit Insekten im Schnabel. Sie fliegt auf den unteren Balken, auch sie schaut sich aufmerksam um, bevor sie zum Nest fliegt. Ich schaue dem emsigen Treiben lange zu - die Kleinen scheinen unersättlich.

Der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) ist eine Singvogelart aus der Familie der Fliegenschnäpper. Er wird etwa 15 cm gross und bis zu 20 g schwer. Ursprünglich ausschließlich im Gebirge beheimatet, ist er im 19. Jahrhundert in die künstliche Felslandschaft menschlicher Siedlungen eingewandert. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Insekten und Spinnen. Typisch sind sein ständiges Schwanzzittern, oft verbunden mit einem Knicksen der Beine. Hausrotschwänze zählen tageszeitlich zu den ersten gesangsaktiven Vögeln. Sie sind Kurzstreckenzieher und überwintern vorwiegend im Mittelmeerraum. Sie verlassen dabei als eine der letzten wegziehenden Arten das Brutgebiet und kehren früh im Jahr zurück. Sie gelten als nicht gefährdet.

Lang geblieben sind die Vögel nicht unter meinem Dach. Ein paar Tage später schon liegen ein paar Moosfetzen auf der Treppe. Kein Gezwitscher ist mehr zu hören. Es ist ihnen wohl zu eng geworden dort oben, zwischen Mauer und Dach.

Gestern, als ich hinter dem Haus der Nachbarin durchlief, flog ein Gartenrotschwanz auf. Mit einem Hauch von Wehmut schaute ich ihm nach. - Es war mir eine Freude, euch als Gast zu haben. Drum kommt recht bald wieder. Mein Haus steht euch offen, jederzeit.

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