Igel

Stachlige Ureinwohner

Katze Mira sitzt vor der Türe und schaut höchst aufmerksam in den Garten. Ich weiss sofort, wer sie dermassen fasziniert: Der Igel ist wieder da. Und in der Tat, unten an der Treppe trippelt er hin und her, beschnuppert jedes Steinchen, jede Unebenheit. Und frisst mit lautem Schmatzen das eiligst geholte Katzentrockenfutter.

Der Igel ist wieder da, welch eine Freude. Denn so plötzlich, wie er wieder aufgetaucht ist, so plötzlich war er im Frühling verschwunden. Kam völlig aussergewöhnlich schon am Mittag, frass das Katzenfutter, humpelte unter den Wildrosenbusch - und ward nicht mehr gesehen. Eine üble Wunde zwischen Vorder- und Hinterbein setzte ihm seit Tagen zu. Doch Corona verbot eine Behandlung durch den Tierarzt, und so blieb nur die Beigabe von Arnikakügelchen und Effizienten Mikroorganismen ins Fressen. Es hat ganz offensichtlich geholfen, der Igel ist gross und schwer geworden.

Igel gehören zu den ältesten Säugetieren der Erde. Seine Spur reicht zurück bis ins Paleozän, also etwa 60 Millionen Jahre. 26 Arten gibt es weltweit, bei uns heimisch ist der Braunbrustigel. Er wird bis zu 30 Zentimeter gross und bis 1500 Gramm schwer. 5000 bis 7500 Stacheln trägt er auf dem Rücken. Das nachtaktive Tier ernährt sich vorwiegend von Insekten, schätzt aber auch Katzenfutter. Milch mag er zwar gerne, doch verträgt er sie nicht. Zu seinen Feinden gehören Uhu, Fuchs und Dachs. Richtig gefährlich wurden ihm diese aber nie, zu gut schützen seine Stacheln. Doch dann kam der Mensch, nahm ihm den Lebensraum. Und baute Autos, gegen die alles Einigeln nichts hilft.

Im Englischen heisst das Stacheltier Hedhehog, Heckenschwein. Bezeichnender könnte der Name kaum sein. Wie ein Schwein schnüffelt der Igel mit seiner langen Schnauze in der Erde. Und er liebt Hecken mit Wildsträuchern, Totholz und Steinhaufen. Hier findet er Nahrung, Schutz. die Wiege für seine Jungen, die bei der Geburt keine 30 Gramm wiegen, und Platz zum Schlafen und Überwintern.

Noch ist die Hecke in meinem Garten zu klein, um ihm ein sicheres Quartier zu bieten. Doch unter der Treppe scheint ihm ein Platz fürs Überwintern geeignet. Ganz hinten, vor dem Kellerfenster, hat er sich mit dem angebotenen Stroh ein Nest gebaut. Etwa sechs Monate wird er dort verbringen. In dieser Zeit sinkt seine Körpertemperatur von 36 auf unter zehn Grad. Sein Herz schlägt noch fünfmal, sein Atem ein- bis zweimal – pro Minute. Manchmal wacht er tagsüber auf, dann geht er auf Nahrungssuche.

Schlaf gut, du kleines Heckenschwein. Auf dass du dich im Frühling wieder auf Tour begeben kannst!