Insekten

Es gibt keine Maikäfer mehr

So hiess das Käferrequiem, das der damals bekannte Berliner Liedermacher Reinhard May vor 45 Jahren veröffentlichte. Nur von seiner Gitarre begleitet, besingt er, wie er als Kind mit einem Schuhkarton auf Maikäferjagd ging und wie erfolgreich er war. Dann mussten in seinem ‚Jagdrevier‘ die Einfamilienhäuser einem Parkhaus weichen, und weg waren die brummenden Käfer. Wir Kinder im oberen Baselbiet wussten es besser: Schuld am Verschwinden war nicht das Parkhaus, sondern die Helikopter, die in Maikäfer-Flugjahren regelmässig DDT vom Himmel sprühten. Maikäfer-Schwärme frassen nämlich Laubbäume kahl, und obwohl diese von neuem austrieben, kannte der Mensch keine Gnade. Denn die Larven, die Engerlinge, fressen Pflanzenwurzeln und sorgen damit für das Absterben von Pflanzen und Bäumen. Und das wollte der Mensch auf keinen Fall zulassen.

DDT ist mittlerweile verboten, doch setzt der Mensch mit anderen Giften, seiner intensiven Landnutzung und der Lichtverschmutzung seine Umwelt weiterhin massiv unter Druck. Die Insekten, und dazu gehören auch die Käfer, sind davon besonders betroffen. Das Bundesamt für Umwelt hat 2016 die ‚Rote Liste für Prachtkäfer, Bockkäfer, Rosenkäfer und Schröter‘ der Schweiz herausgegeben. 293 holzbewohnende Käferarten wurden darin berücksichtigt, mehr als die Hälfte gilt als mehr oder minder gefährdet. Nur gerade 91 sind nicht gefährdet, und für 37 Arten gab es zu wenig Datenmaterial.

Nun hat Pro Natura den Grossen Leuchtkäfer, besser als Glühwürmchen bekannt, zum ‚Tier des Jahres‘ gekürt. Der Grosse Leuchtkäfer, selbst nicht gefährdet, dient in dieser Kampagne als Symbol für den Erhalt naturnaher Landschaften und gegen das Verschwinden der Insekten. Zum Kampagnenstart lädt die Organisation nach Zürich. Mit dabei sein wird der Kabarettist Franz Hohler. Er wird unter anderem die ‚Ballade vom Weltuntergang‘ vortragen, der, so sagt er, mit dem Tod eines Käfers auf einer südpazifischen Insel beginnt. Die Ballade, ebenfalls vor 45 Jahren geschrieben, ist aktueller denn je.

Käfer sind die grösste Gruppe innerhalb der Insekten. Gemäss Wikipedia werden weltweit über 350‘000 in 179 Familien beschrieben, und wir kennen noch längst nicht alle. Käfer fressen Schnecken, Würmer und andere Insekten, aber auch Aas. Ohne sie würden Weiden im Mist versinken, vielen Vögeln, Igeln, Nagern und Amphibien eine Nahrungsquelle fehlen. Käfer sind ein notwendiges Rädchen im System Erde, unserer Lebensgrundlage. Unternehmen wir deshalb alles, damit Käfer überleben können! Auf dass sich auch unsere Kindeskinder am Leuchten des Glühwürmchen freuen können. Und die Ballade vom Weltuntergang eine Ballade bleibt.

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