Kartoffeln

Klug ist, wer Kartoffeln ist

Sie beeinflusste das Leben der Menschen in Europa wie kaum eine andere Kulturpflanze: die Kartoffel. Eingewandert aus den Anden, wo sie die Inkas in Höhen von bis zu 4000 m kultivierten, führte ihr Weg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts via Kanarische Inseln nach Spanien, weiter über Italien und in den Norden. Nach England/Irland kam die Kartoffel direkt aus Südamerika. Doch es sollte noch einige Zeit dauern, bis die Kartoffel das wurde, was sie ist: ein wertvolles und günstiges Lebensmittel.

Vorerst nämlich war die Pflanze vor allem beim Adel begehrt wegen ihrer hübschen Blüten. Dem Volk galt sie als giftig, was die oberirdischen Früchte ja auch sind. Der Anbau wollte nicht so richtig gelingen, denn da, wo sie herkommt, sind Tag und Nacht etwa gleich lang. Das Nachtschattengewächs musste sich deshalb zuerst an die langen Tage und kurzen Nächte von Europas Sommer anpassen. Dass es die Kartoffel doch noch auf den Tisch schaffte, soll Friedrich dem Grossen zu verdanken sein. Er habe während der grossen Hungersnot 1740 einen Kartoffelacker von Soldaten bewachen lassen. Die Bauern seien neugierig geworden, was es denn zu bewachen gebe, und hätten Kartoffeln korbweise gestohlen und selbst angebaut. Danach breitete sich die Kartoffel schnell aus und verbesserte die Ernährungssituation erheblich. Forscher sind überzeugt, dass dies massgeblich zum Bevölkerungswachstum beitrug. Erst jetzt entstanden grosse Städte, denn der Anbau von Kartoffeln im grossen Stil liess die Lebensmittelpreise sinken. So konnten sich auch Städter ohne eigenen Gemüsegarten ernähren. Heute werden weltweit jährlich über 300 Mio. Tonnen Kartoffeln geerntet. Grösster Produzent ist China.

In der Schweiz wurde die Kartoffel ab Anfang des 18. Jahrhunderts angebaut. Sie war lange Zeit das wichtigste Nahrungsmittel und fand als Rösti Eingang in die traditionelle Schweizer Küche. Im zweiten Weltkrieg galt sie im Rahmen der so genannten Anbauschlacht als Zeichen des Verteidigungswillens. Danach sank der Verbrauch von Kartoffeln, Reis und Teigwaren hielten Einzug. Heute konsumiert jeder Bewohner pro Jahr gut 40 kg. Der Verbrauch ist seit Jahren konstant. Etwa die Hälfte kommt in veredelter Form auf den Tisch, als Pommes Frites, Chips, Croquettes, Kartoffelstockflocken oder Fertigrösti. Ihre beste Eigenschaft, kaum Fett, aber viele wertvolle Mineralstoffe und Vitamine zu enthalten, bleibt dabei wohl auf der Strecke. Schmecken aber tut die Kartoffel in jeder Form.