Taubenschwänzchen

Schwirrender Einwanderer

Die Schwalben sind weg. Die Tage sind kürzer geworden, die Farben des Lichts zeugen vom Herbst. Doch an diesem September-Tag ist es sommerlich warm. Cosmea, Zinnien und Sonnenblumen stehen noch immer in Blüte und erfreuen sich regen Besuchs von Bienen und Hummeln. Ein Taubenschwänzchen schwirrt beim Natternkopf von Blüte zu Blüte. - Müsste es nicht auch längst auf dem Weg in den Süden sein?

Noch vor zwanzig Jahren war das Taubenschwänzchen bei uns praktisch unbekannt. Es lebte in südlichen Gefilden, im Mittelmeerraum. Mit den steigenden Temperaturen wagte es den Flug über die Alpen. Heute sind die Falter im Sommer häufiger Gast, einige wagen gar, hier zu überwintern.

Das Taubenschwänzchen gehört zu den Schwärmern, einer Gruppe eigentlich nachtaktiver Schmetterlinge. Es verdankt seinen Namen dem breiten, schwarz-weiß gezeichneten Hinterleib, der einem Federschwanz ähnelt. Die scheinbaren Federn sind jedoch verlängerte Schuppen, mit deren Hilfe Taubenschwänzchen beim Schweben vor den Blüten ausgezeichnet navigieren können. Im Gegensatz zu den meisten seiner Art fliegt das Taubenschwänzchen tagsüber, auch bei Regen. Es ist schnell und wendig, fliegt vor- und rückwärts, mit bis zu sechzig Flügelschlägen pro Minute. Vor jeder Blüte bleibt es in leicht brummendem Schwirrflug stehen. So kann es in fünf Minuten mehr als hundert Blüten besuchen.

Als einzige Schwärmer-Art überwintert das Taubenschwänzchen als voll entwickelter Schmetterling. Es braucht dazu nur ein frostfreies Plätzchen, das es immer öfters auch hier findet. Ab März legt es seine Eier auf Labkraut, die Leibspeise der Raupen. Im Laufe des Juni schlüpft die erste Generation. Falter, die im Mittelmeerraum überwintern, kehren frühestens Ende April zurück.

Taubenschwänzchen sind hungrige Wesen. Fast das Doppelte ihres Körpergewichts futtern sie jeden Tag an. Mit ihrem fast drei Zentimeter langen gebogenen Saugrüssel bedienen sie sich gerne bei Blüten von Storchschnabel, Petunie, Phlox, Flockenblumen oder Natternkopf. Blüten, die für viele andere Insekten zu tief sind.

Taubenschwänzchen verbringen viel Zeit mit Essen. Sie lieben Gesellschaft und einen warmen Ort zum Verweilen. Mögen sie hier mittlerweile heimisch geworden sein – ihre südlichen Wurzeln schimmern immer noch durch.