Biokohle

Schwarzes Wunder

Es sind schon ein paar Jahre her, seit ich das erste Mal von Biokohle hörte. Es war an einer Generalversammlung eines Biowein-Händlers, der Hans-Peter Schmidt als Gastreferenten eingeladen hatte. Der Mann experimentierte damals in seinem Weinberg im Wallis mit der aus Pflanzenteilen hergestellten Kohle und war von den Resultaten derart beeindruckt, dass er während seines Vortrages vor Enthusiasmus fast überbordete. Biokohle verbessere die Ertragskraft des Bodens ums Mehrfache, mache Dünger und Pestizide überflüssig, ohne Risiken und Nebenwirkungen, so schwärmte er damals. Ein menschgemachter Hilfsstoff, der nur Vorteile hat – das schien mir damals etwas gar suspekt.

Doch Biokohle hat ihren Weg gemacht. Richtig bekannt wurde sie als Hauptbestandteil der Terra Preta, der schwarzen Erde, die für die ausserordentliche Fruchtbarkeit des Amazonasbeckens sorgt. Forscher sind sich einig, dass Indianer diese Erde geschaffen haben: Sie liessen Holzkohle und organische Abfälle, aber auch Knochen verkohlen und fügten anschliessend ihre fermentierten Fäkalien bei. Das war vor rund tausend Jahren, und noch immer ist diese Erde viel fruchtbarer als andere. Dass Pflanzenkohle auch in gemässigten Klimazonen wirkt, zeigen laufende Projekte. Langzeitbeweise allerdings fehlen noch.

Biokohle ist ein wahrer Vielkönner: Sie speichert Wasser und ist Heimat für unzählige Mikroorganismen. So fördert sie das Bodenleben und die Bodenaktivität und damit den Humusaufbau. Sie macht Nährstoffe besser für die Pflanzen verfügbar, erhöht deren Widerstandskraft und führt so zu höheren Erträgen. Pflanzenkohle kann Schadstoffe binden und Böden dekontaminieren. Sie verbessert die Tiergesundheit und macht Gülle umweltverträglicher. Nicht zuletzt speichert Pflanzenkohle mehr CO2, als sie abgibt, eine höchst willkommene Eigenschaft im Kampf gegen die Klimaerwärmung.

Mittlerweile ist Pflanzenkohle im Handel erhältlich, auch als Terra-Preta-Gemisch. Noch ist sie recht teuer, denn die Kosten für eine umweltverträgliche Produktion sind hoch. Ebenfalls erhältlich sind Öfen für all jene, die die eigenen Gartenabfälle verwerten wollen. In Bibliotheken, Buchläden und im Internet finden sich zahlreiche Publikationen über Herstellung und Verwendung. Biokohle, so scheint es, ist das A und O für eine bessere Welt, das Wunderheilmittel für unsere leidende Umwelt.

Nun, umweltverträglichere Gülle verbessert das Tierwohl in den Massentierställen nicht. Biokohle allein kann die Klimaerwärmung nicht aufhalten. Doch spricht vieles dafür, dass Pflanzenkohle einen Beitrag für ein verträglicheres Leben von Mensch, Tier und Umwelt leisten kann. Wenn das kein Grund ist, sie im eigenen Garten einzusetzen!

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