Goldene Aepfel

Petrus mag Tomaten nicht. Wie sonst ist es zu erklären, dass er es diesen Sommer so oft regnen liess? Die Paradiesäpfel, wie die roten Beeren in Österreich genannt werden, mussten in meinem Garten durch die Hölle des ewigen Regens gehen. Sie haben sie nicht überlebt. Erst waren da nur ein paar braune Flecken, doch quasi über Nacht wurden aus den üppigen, vollbehangenen Pflanzen braune Skelette. Da half weder Brennnesseljauche noch Schachtelhalmbrühe. Nix mit Tomatensalat an heissen Sommerabenden, keine eingemachte Sauce, die im Winter die Sonne des Sommers auf den Tisch zaubern würde – eine wahre Katastrophe für die Hobbygärtnerin mit Selbstversorgungsanspruch.

Im Gegensatz zu Petrus lieben die Schweizer Tomaten. Diese sind, zusammen mit den Rüebli, das beliebteste Gemüse. In Sachen Eigenanbau ist die Tomate ohne Konkurrenz. Ich kenne niemanden, der sie nicht selbst anbaut. Wer keinen Garten hat, behilft sich mit Töpfen. Man ist sich einig, nichtsschmeckt mehr nach Sommer, Sonne und Süden als eine sonnengereifte Tomate. Ob die Italiener an das Licht der Sonne gedacht haben, als sie den Tomaten den Namen Pomodori, goldene Äpfel, gaben? Vielleicht. Doch eines ist klar: Pomodori mögen das ganze Jahr über in den Regalen zu finden sein, so richtig gut schmecken sie nur im Sommer.

Dieses Jahr fiel der Sommer ins Wasser. Die Tomatenernte auch. Nächstes Jahr, lieber Petrus, verlasse ich mich nicht mehr auf dich. Nächstes Jahr baue ich ein Tomatenhaus.